Autor: Meyer-Wimmer, J., Dreyer, Friedrich, Meyer, Johannes
Auflagennummer (WdK): 2
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376 der Religionsfreiheit ein Ende gemacht, indem er die Lehre des Athanasius für die allein wahre erklärte und damit die Verfolgung der abweichenden Richtungen in der Kirche einleitete. Ihm folgte auf diesem Wege der Imperator Theodosius, der 380 auch für den Osten des Reiches das nicänische Bekenntnis für die einzig rechtmäßige katholische (— allgemeine) Lehre erklärte. Fortan begann der Vertilgungskamps gegen die Arianer, und nur die Goten blieben unbe-lästigt.
Während die wandernden germanischen Stämme nach und nach dem Christentum gewonnen waren, herrschte im Innern Deutschlands immer noch das Heidentum.
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sich mit der Frage, wie dem Übel solcher „Reichsgrundgesetze" abzuhelfen sei. Bezweckten doch die Bestimmungen derselben immer nur den Vorteil einzelner Klassen, nicht des ganzen Volkes. Man har vorgeschlagen, der Kaiser solle, statt in Wien, in der Mitte Deutschlands wohnen; man versuchte, Deutschland in Kreise einzuteilen, an deren Spitze als Schirmer des Friedens und der Ordnung Fürsten stehen sollten; man hat ein Reichsgericht einrichten und dem Reichstag die gesetzgebende und schiedsrichterliche Gewalt zuwenden und dem Kaiser zur Stütze ein aus Reichsmitteln zu erhaltendes Heer ausrichten wollen — alles umsonst. Vorschläge, die von den Fürsten ausgingen, fanden selten die Billigung des Kaisers, so z. B. als es sich um die Einrichtung eines „Reichsregimentes" hanbelte, welches aus Abgeorbneten der Stänbe bestehen und in vielen Fällen ganz allein regieren sollte: ebenso schwierig aber war es für den Kaiser, seine Vorschläge bnrchzusetzen, bet die Fürsten immer befürchteten, berselbe möchte zu mächtig roerben.
Zu gemeinsamen Verhanblungen bereinigten sich die Stäube des Reiches wie vor alters im Reichstage. Derselbe warb vom Kaiser-ober seinem Stellvertreter nach einer Stadt, die ihm gelegen schien, berufen, hatte also feinen festen Sitz. (Singelaben würden die Kurfürsten und die Fürsten, seit Rubels von Habsburg häufig auch die Städte, wenn es sich um Gelbbewilligungen hanbelte; das Recht im Reichstage zu sitzen, besamen sie erst 1487. „Es wurde mehr als
Pflicht, denn als ein Recht betrachtet, die Hof- und Reichstage zu besuchen. Die Großen kamen oft in zahlreicher Begleitung, so daß man gezwungen war, sich unter freiem Himmel zu lagern und zu tagen. Jeder hatte dabei zunächst für feinen Unterhalt selbst zu sorgen, daher bei längerem Aufenthalt bedeutende Kosten auflaufen konnten. Da der Zug auf den Reichstag als Reichsdienst galt, erschien es als ein Recht der Fürsten, sich dafür von ihren Untergebenen eine Beisteuer zahlen zu lassen. — Die Geschäfte des Reichstages konnten sehr verschieden sein. Beratung über kirchliche wie über weltliche, äußere und innere Angelegenheiten, Bestimmungen über das Recht, Schenkungen, Verlobungen, Verleihung der höheren Würden in Staat und Kirche, Privilegien (Vorrechte) und Gnadenbezeugungen. Im fünfzehnten Jahrhundert führte die hervorragende Stellung der Kurfürsten dazu, daß biefelben nach Vorlegung der kaiserlichen Proposition (Vorschlag) zu einer abgefonberten Beratung und Beschlußnahme barüber zusammentraten, ein Vorgang, dem zuerst die übrigen Fürsten und Herren, dann
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verwendet, so daß mit noch einigen andern Kleinodien dieser Teil der Ausstattung nicht weniger als 14633 Mark betrug."
In solchen Fällen bediente der Landesherr sich des Rechts, seine Landstände um Beihilfe bitten zu dürfen. Er wandte sich unter Darlegung des Zweckes mit einer Vorlage an die drei großen Körperschaften, die in jedem Fürstentums als die natürlichen Vormünder der Unterthanen erschienen, an Ritterschaft, Städte und Geistlichkeit. Jede Körperschaft beriet den Vorschlag des Fürsten für sich und teilte das Ergebnis den andern beiden mit. Erfolgte einstimmige Annahme der Bitte, so wurde mindestens die Bedingung daran geknüpft, daß der Landesherr ausdrücklich erkläre, solche Beihilfe, bestand diese nun in barem Gelde, oder nahm sie die Form einer Steuer an, die vom Lande aufgebracht werden sollte, sei aus gutem Willen und nicht aus Zwang gewährt worden. Keih Landesherr besaß nämlich das Recht, Steuern zu fordern. Er war lediglich auf die Erträge aus seinen Gütern, Gerichtskosten, Geschenke, Tribute und Steuern unfreier oder nicht germanischer Leute, z. B. der Juden seines Landes, angewiesen. Jeder Germane betrachtete es als ein Zeichen der Unfreiheit, wenn er gegen feinen Willen mit Steuern belastet wurde.
Aus dem oben Gesagten ergiebt sich, daß die Geldforderungen der Fürsten meistens nur deren persönliche Angelegenheiten betrafen, erst im Laufe der Zeit trat der Staat an die Stelle des Fürsten, obgleich es auch im Mittelalter schon vorkam, daß nicht zunächst das Interesse des Landesherrn, sondern das des Staates bei der Bewilligung von Steuern ausschlaggebend wurde.
Die bewilligte Forderung hieß „Bede", das Recht, sie zu stellen, das „Bederecht". Dieses Recht wurde sehr oft mißbraucht, namentlich von den landesherrlichen Vögten, die ihre Forderungen ins Ungemessene steigerten. Gegen solche Bedrückungen erschienen kaiserliche Verordnungen, aber ihre Wirkung war eine zweifelhafte, da die Kaiser das, was sie in ihrer Eigenschaft als Oberhaupt des Reiches zu beschränken suchten, in ihren eigenen Territorien (Besitzungen) rücksichtslos selber ausüben ließen. Die Landstände griffen daher zu einem andern Mittel, die fürstlichen Beden weniger drückend zu machen: sie forderten bestimmte Gegenleistungen. Zunächst verlangten sie, daß die zu bewilligende Summe nur für den genannten Zweck und nicht für einen andern benutzt werde. Oder sie ließen sich selber die bewilligte Steuer auszahlen und deckten dann die Ausgaben Des Fürsten (Schulden, Aussteuer, Löse-
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bezeichnen. Zur Einigung drängen alle sittlichen Gewalten hin, das zeigt sich auch in dem Abschnitte unserer deutschen Kulturgeschichte, dessen staatliches Leben wir in großen Zügen zu schildern versucht haben. Durch die „goldene Bulle" war das Verhältnis des Kaisers zu den Fürsten sowie die Machtstellung derselben in ihren Landen geordnet worden. Sie alle stützten ihre Herrschaft besonders durch die Waffen; in betreff der Rechte und Gesetzte herrschte in deutschen Landen eine so große Mannigfaltigkeit, daß eine wahrhafte Stütze geordneter Verhältnisse darin kaum erkannt werden kann.
Die Verordnungen Karls des Großen, im Laufe der Zeit durch Eigentümlichkeiten der einzelnen Stämme in manchen Punkten geändert, bestanden noch zu Recht, neben ihnen hatten der „Sachsenspiegel" und der „Schwabenspiegel" große Verbreitung gefunden. Aber in das zuletzt genannte Gesetzbuch hatte sich bereits der Fremdling eingeschlichen, der unsern heidnischen Vorfahren ein Greuel war und ihren christlichen Nachkommen vielfach znr drückendsten Plage geworden ist: das römische Recht.
römische Ursprünglich durch das römische Volk ausgebildet und lediglich den Recht. Verhältnissen desselben angepaßt, entwickelten sich aus ihm die allgemeinen Rechtsgrundsätze, welche der Verkehr mit andern Völkern erforderte. Kaiser Justinian veranstaltete nach dem Vorgänge anderer Kaiser von 528 —534 eine Sammlung der noch gültigen Gesetze, denen später die von ihm selbst erlassenen hinzugefügt wurden. Die Sammlung bekam den Namen »Corpus Juris civilis«. Es enthielt das Staats-, Kirchen-, Straf- und Prozeßrecht, sowie das Privatrecht (d. i. der Inbegriff aller Rechtsbestimmungen, welche sich auf Familien-, Eigentumsund Forderungsrechte der Einzelnen beziehen). Die Anwendung dieser Rechte übten einzig und allein kaiserliche Richter aus, während dem Volke jede Beteiligung bei der Bildung des Rechts und dessen Gebrauch versagt war.
Das römische Recht herrschte im ganzen römischen Reich und behielt auch dann noch seine Gültigkeit für die Eingeborenen, als germanische Reiche auf den Trümmern des weströmischen errichtet wurden. Da aber die germanischen Könige nicht den ganzen Umfang der Gesetze beherrschten, ließen einige von ihnen kurze Zusammenstellungen aus den kaiserlichen Gesetzen anfertigen (Edictum Theodorici, Lex Romana Visigothorum u. a.). Seit dem zwölften Jahrhundert machten die Professoren an der Rechtsschule zu Bologna den Codex des Justiuian
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1794) an eine Neuordnung der zertrümmerten alten Einrichtungen ging, mußte das römische Recht dem französischen weichen, das auch für die deutschen Länder am linken Rheinufer maßgebend wurde. Auch für den übrigen Teil Deutschlands brach der Tag der Befreiung an. Bereits hatten einzelne Staaten neue Strafgesetzbücher, neue Straf- und Civilprozeßordnungen erlassen, welche dem römischen Rechte wenig Boden mehr ließen, da erschienen die großen deutschen Justizgesetze (1879, 1. Okt.), denen ein allgemeines bürgerliches Gesetzbuch folgen wird. Mit der Verkündigung dieser Gesetze fällt die Feffel endlich ganz, die dem Rechtssinn unseres Volkes eine der Natur desselben zuwiderlaufende Richtung aufzwang und es wesentlich mitverschuldet hat, daß dem deutschen Manne das „Recht" als Plage und nicht als Wohlthat erschien. Freigelegt sind die alten Bahnen wieder, die dem naturgemäßen Entwickelungsgänge deutscher Rechtspflege eine wirklich gedeihliche Förderung sichern. Aug' in Auge wie in den ältesten Zeiten stehen die Gegner einander gegenüber, Gesetz und Schuld, und in Red' und Gegenrede spiegelt sich ein Kampf ab, den die freie Entfaltung der Persönlichkeit zu einem entscheidenden Ende führen muß. (Meist nach Meyer, Univers.-Lex., Art. Rom. Recht.)
Das^ Ein anschauliches Bild des Gerichtsverfahrens, wie es im drei-gericht. zehnten Jahrhundert geübt wurde, gewähren die Fern- ober Freigerichte. Sie waren kaiserliche Landgerichte, hatten ihren Sitz in dem Winkel zwischen dem Rheine und der Weser, in Westfalen und einem Teile von Engern und richteten unter Königsbann namentlich über diejenigen Verbrechen, welche todeswürdig waren. Sie werden auch Freigerichte genannt, da jeder Freie zur Teilnahme an diesem Gerichte berechtigt war. Man findet auch wohl den Namen heimliches Gericht, Still- (oder Stuhl-)geri cht, heimliche Acht, heimlich beschlossene Acht. Damit soll angedeutet werden, daß das Femgericht nicht immer öffentliche Sitzungen hielt, sondern auch geheime, d. H. solche, an denen nur Mitglieder des Gerichts teilnehmen durften. In einem solchem Falle bezeichnete man das Gericht als verbotenes. Hatte ein Nichteingeweihter sich eingeschlichen, so traf ihn der Tod auf der Stelle. Das Gericht konnte nur in Westfalen, „auf roter Erde", gehalten werden.
Die alte Gauverfassung hatte sich nach der karolingischen Zeit allmählich aufgelöst; die Grafen, bisher kaiserliche Beamte, fingen an sich als Landesherren in ihren Bezirken zu betrachten und unterwarfen auch
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noch nicht einmal des Deutschen mächtig und mußte darum den Vorsitz im Regiment einem deutschen Fürsten, dem fröhlichen und verbind-
lichen Pfalzgrafen Friedrich, übertragen.
So fanden denn die deutschen Fürsten jetzt fast völlig freie Gelegenheit, zu zeigen, in welchem Sinne ihnen eine einheitliche Leitung der Nation Möglichkeit und Bedürfnis sei; namentlich seitdem Karl nach Spanien gegangen war und ihn dort einheimische, französische und italienische Dinge aufs mannigfachste in Anspruch nahmen, waren sie in ihren Entschlüssen nahezu sich selbst überlassen.
Wie sie darauf die Angelegenheit der Reformation und Luthers behandelten, wissen wir; das Endergebnis war eine Duldung, die nur
durch die Furcht vor Umsturzbewegungen im Falle strengen Durch-
greifens erzwungen ward.
Wie aber entwickelte sich die Lage auf socialem und politischem Gebiete?
Das Regiment, wie es um die Wende der Jahre 1521 und 1522 seine Thätigkeit begann, war aus klugen Köpfen und energischen Männern zusammengesetzt; die Blüte der höheren Beamten der neueutwickelten Territorialverwaltungen saß darin, allen voran der treffliche Franke Hans von Schwartzenberg. Und sofort ergriff man im Regiment die Frage der Reichsreform am richtigen Zipfel. Es wurden Vorlagen ausgearbeitet über die finanzielle Sicherung des Reichsregiments und des Kammergerichts und über eine Reichsvollzugsordnung zur Durchführung des Landfriedens. In beiden Fällen handelte es sich im Grunde um die Frage der Reichsfinanzen. Und hier liefen nun die Pläne des Reichsregiments auf eine volle finanzielle Mündigkeit und die Entwicklung einer völligen Steuerverfaffung des Reiches hinaus. Man dachte an einen verbesserten gemeinen Pfennig, an eine starke Besteuerung des Klerus, an die Konfiskation der dem Papste aus Deutschland zu zahlenden Annalen zu Gunsten des Reichssäckels, endlich an ein Reichszollsystem: es tonrat Pläne so toeitgehend, daß man bei ihrer Durchführung auch eiu Reichsheer gegen die Türken, deren Sultan im August 1521 Belgrad erobert hatte, toohl hätte aufstellen können.
Der Nürnberger Frühjahrsreichstag von 1522 hatte über diese Vorlagen zu beraten. Es kam nichts zustande; die Klerisei schrie, die Fürsten fehlten. Die Städte aber, aufgebracht durch einige provisorische Veranlagungen, in denen sie zu Gunsten der Fürsten unglaublich überschätzt worden waren, beschlossen, sich gegen den Reichszoll, der ihrem
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Wie die Bauern nach Umgestaltung der bestehenden Verhältnisse strebten, um durch dieselbe ihre Freiheit zu erlangen und in dieser Freiheit den andern Ständen gleich zu sein, so erstrebten die Herren der Bauern gleichfalls eine Änderung der bestehenden Verhältnisse, aber um damit den Bauer erst recht zu knechten. Es war dies ein Ergebnis des Eindringens des römischen Rechts in Deutschland.
Wahrhaft beklagenswert erscheint damals das deutsche Volk wegen der Rechtsverwirrung, wie sie infolge der Zurückdrüngung des heimischen Volksrechtes und der Einführung des römischen Rechtes entstehen mußte. Die von den Rechtslehrern an den Hochschulen befürwortete Übertragung des römischen Rechts wurde üott den Herren groß und klein gut geheißen, weil sie von derselben eine Stärkung ihrer Herrengewalt erwarteten. Das Volk soll Steuer zahlen und Dienste leisten nach dem Willen des Herrschers; eine andere Geltung wird ihm gegenüber der durch das neue Recht gewährleisteten Allgewalt des Landesherrn im Staatsleben nicht eingeräumt. Selbst jeder Beamte des Landesherrn dünkt sich zur Herrschaft über das Volk und zur Ausnutzung seiner Kräfte berechtigt. Die Rechtslehm wiesen aus Grund des römischen Rechts dem Landesherrn die Befugnis zu, das Gesamteigentum der Gemeinden, die Markgenossenschaft (die Allmende), „dieses uralte Heiligtum der deutschen Ackerwirtschaft", an sich zu ziehen. Eben daher leiteten sie für den Bauer die Verpflichtung ab, von jedem Grundstück, das er bebaute, dem Herrn Zins zu zahlen, gleichviel ob dieses Grundstück dem Bauer als freies Gut erb und eigen war oder nicht. „Wo dies nicht anging, da sollten auch die bisher freien Bauern als coloni und gar als servi d. H. als Zinspächter bez. als unfreie Arbeiter im Sinne des römischen Rechts angesehen werden." Bei dieser Entwicklung mußte der Bauer Zuletzt thatsächlich rechtlos werden.
Der Sinn des Volkes bekundet indes allezeit ein feines Empfinden für jedwede Umgestaltung des lebendigen Rechtes in seinen Satzungen wie in seinen Grundlagen. So auch beim deutschen Volke. Der ureigenste Besitz des Volkes, das aus der Mitte des Volkslebens heraus von seinen Vätern geschaffene und durch Jahrhunderte treu bewahrte Recht, soll ihm genommen werden. Ein papiernes Recht, welches ihm fremd und unverständlich bleiben wird, soll ihm aufgenötigt werden. Es sieht sich das deutsche Volk hinfort ausgeschlossen von der lebendigen Überlieferung des Rechts und von der Schöpfung der Urteile, an welcher es sich nach altem Herkommen beteiligte. Leuten, denen die Rechts-
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zulassen; sie verpflichtet zur Wahrung des Landfriedens und zur Zahlung der verfallenen Schulden. Zehnten dagegen, Renten und Abgaben, die widerrechtlich gefordert werden, sollen nicht entrichtet werden. Recht und Gericht bleiben unangetastet; rechtlos soll keiner sein. Unmäßiges Trinken, ungeziemendes Spiel, Gotteslästerung wird unter Strafe verboten.
Nach der Landesordnung gliedert sich die christliche Vereinigung der Bauern in drei Landschaften, die auch Quartiere heißen. Jede Landschaft wählt eilten Obersten und vier Räte. Die einzelnen Landschaften sollen dauernde Verbindung miteinander unterhalten, um einander in allen Fällen kriegerischer Not zu unterstützen, je nach der Große der Gefahr mit dem zehnten, sechsten oder vierten Mann. Im Falle des Krieges führen alle Scharen desselben Feldzeichen in weiß und rot; eine gemeinsame Lagerordnung wird aufgestellt.
In dieser Zeit, vom 6. bis zum 10. März, sind dann zu Memmingen auch die sogenannten Xii Artikel entstanden, welche in dem Fortgange der Bewegung eine so bedeutsame Rolle gespielt haben. Die Urheberschaft dieser Xii Artikel ist vielumstritten. Soviel steht fest: die Niederschrift rührt von Sebastian Lotzer, dem Feldfchreiber Ulrich Schmids her; die Arbeit entspricht feiner Fähigkeit, der Inhalt feinen Ansichten. Daß Schappeler ihm als Ratgeber zur Seite gestanden, wird nicht bezweifelt. Dieser ersten Niederschrift find dann Randbemerkungen , die auch für den Druck bestimmt waren, hinzugefügt worden; es sind ihrer zusammen fechsundfünfzig, welche zu den aufgestellten Forderungen Belege und Beweisstellen aus dem Alten und Neuen Testamente enthalten. Diese Zusätze rühren wohl von Schappeler her.
Der Inhalt dieser Xii Artikel ist im wesentlichen folgender: 1. Den Gemeinden soll das Recht zustehen, den Pfarrer zu wählen. 2. Der Zehnte soll abgeschafft fein, abgesehen von dem Kornzehnten, der innerhalb der Gemeinde weiter erhoben wird behufs Besoldung des von der Gemeinde frei gewählten Pfarrers, behufs der Bestreitung der Armenpflege und etwaiger Kriegssteuern. Die Erhebung und Verwaltung des Zehnten steht der Gemeinde selbst zu. 3. Die Leibeigenschaft soll aufgehoben feilt. 4. Die Jagd auf Geflügel und Wildbret soll frei fein, desgleichen der Fischfang, es fei denn daß von einem urkundlich der Nachweis erbracht wird für feinen Eigenbesitz an fifchhaltigern Gewässer. 5. Wald, welcher der Gemeinde widerrechtlich entzogen, fällt wieder in
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Ergebnisse, deren spätere Durchschlinguug mit den Wirkungen der geistigen Bewegung das Schicksal der Reformation, ja unseres Volkes überhaupt mindestens während der ersten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts bestimmt hat.
Noch Kaiser Sigmund hatte im Anfange seiner Regierung eine monarchische Reform der Verfassung mit Hilfe der Städte gegen die Fürsten versucht. Er war bamit infolge der Lauheit der Städte und noch mehr infolge des energischen Hanbelns der Kurfürsten gescheitert. Seit Mitte des fünfzehnten Jahrhunberts war dann keine Frage mehr-gewesen, daß die Reichsverfassung nur noch in föberalistisch-fürstlichem Sinne entwickelt werben könne.
Der fürstliche Föberalismns hatte benn auch die Wahl Karls V. beherrscht. In seiner Wahlkapitulation hatte der Kaiser versprechen müssen, ein Reichsregiment im Sinne des Regiments unter Kaiser Max einzurichten, und alsbalb, nachbem er ins Reich gekommen, war er an die Ausführung bieses Versprechens gemahnt worben. Auf dem Wormser Reichstage des Jahres 1521 überreichten ihm die Stänbe einen Entwurf über Errichtung des Reichsregiments wie des Kammergerichts: auf biefem Gebiete vor allem andern brangeu sie auf feste Beschlüsse.
Der stänbische Entwurf des Reichsregiments ging sehr weit; durch-gesührt hätte er die Herabsetzung des kaiserlichen Amtes zu einer bloßen Würbe, zu einem Ornament bebentet. Und mich die Städte wären babei ihrer verfassungsmäßigen Bebentnng im Reiche fast ganz ent-kleibet worben.
Karl V. bachte natürlich nicht baran, einen solchen Entwurf ohne weiteres anzunehmen. Allein in den langwierigen Verhanblungen, die jetzt begannen, mußte er sich boch, ba er der kriegerischen Hilfe des Reiches bedurfte, in manchen Punkten den fürstlichen Ansprüchen fügen. Zwar sollte das Regiment nur währenb der Abwesenheit Karls selb-stänbig, sonst nur als Reichsrat neben ihm thätig sein; man wußte aber, daß der Kaiser viel außerhalb des Reiches sein werbe. Auch sollten dem Kaiser die auswärtigen Angelegenheiten grundsätzlich vorbehalten sein; doch wurde durchgesetzt, daß das Reichsregimeut mit andern christlichen Ständen und Gewalten handeln möge, um deu Anfechtern des Reiches Widerstand zu thun. Im ganzen war das Regiment politisch doch ziemlich ständisch, d. H. fürstlich charakterisiert. Dem Widerpart zu halten war auch die Statthalterschaft des Erzherzogs Ferdinand zunächst wenig imstande; denn Ferdinand war einstweilen
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Handel drohte, energisch zu wehren. Nach dem Reichstage kamen sie im Sommer 1522 aus einem besonderen Tage zu Eßlingen zusammen und schärften die Waffen ihrer Gründe und ihres Einflusses für die Entscheidung, die im nächsten Reichstage fallen mußte.
Es war der Nürnberger Novemberreichstag vom Jahre 1522. Die Städte erschienen aus ihm uugemein zahlreich und glänzend; langsam kamen die Fürsten. Die gegenseitige allgemeine Entfremdung lag in der Lust. Zum Ausdruck kam sie zunächst in einem nebensächlichen Punkte. Eine vom Kaiser erbetene Türkenhilfe sollte in Geld gezahlt werden. Hiergegen machten die Städte, welche bei dieser Art der Aufbringung übervorteilt zu werden fürchteten, den Vorschlag, sie wollten ihren Beitrag in Leuten stellen. Daraufhin ward ihnen am 16. Dezember 1522 eröffnet: auf ihren Vorschlag käme es nicht an; was
Kurfürsten, Fürsten und andere Stände des Reiches beschlossen hätten, das .sei nach altem Brauch als Beschluß der Stände überhaupt zu betrachten Es war klar: um später gegebenenfalls den Reichszoll
durchsetzen zu können, bestritten die Fürsten den Städten die volle
Reichsstandschaft, die zu erwerben sie ihnen eben gegen Schluß der Regierung Friedrichs Iii. behilflich gewesen waren. Und wirklich erklärte der Reichstag schließlich trotz aller Vorstellungen der Städte: die Städte hätten am Reichstag niemals wie die Fürsten gestimmt; seien sie hie und da in Ausschüsse gekommen, so sei das nicht auf Grund eines Stimmrechts geschehen, „sondern aus gnädigem und günstigem Willen und mehrmals aus Mangel anderer Personen."
In diese für die Städte höchst peinliche Lage fiel ein Schreiben des Kaisers ein, das die Hauptfrage, den Reichszoll, wieder in den Vordergrund drängte und hierfür die Grundlage der Erörterung sehr zu Gunsten der Städte verschob.
Das Reichsregiment hatte den Kaiser um Genehmigung der Finanzvorlage gebeten, diese aber nicht weiter abgewartet, da an seiner Zustimmung nicht gezweifelt wurde. Nun meldete aber das kaiserliche Schreiben am 26. Dezember 1522, der Kaiser hege gerade gegen den Reichszoll wegen der nicht völlig sicheren Wirkung auf die Niederlande Bedenken; ehe er sich entscheide, wolle er Genaueres wissen über die Gestaltung des Tarifs, über die Zollgrenze und andere technische Fragen. Jetzt blieb nichts übrig, als den Beschluß über den Zoll auszusetzen und an den Kaiser von neuem zu berichten. Das Regiment that das unterm 8. Februar 1523 in dringend empfehlendem Sinne.
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